19.
Treff
Italien, Frankreich,
Australien
Eine der
zahlreichen Gemeinsamkeiten, die die Teilnehmer des KulturFreienTreffs
im Landkreis Göppingen verbindet, ist ihre Neugier. Gepaart
mit der Lust, Fremdes zu Vertrautem zu machen, werden so die
Horizonte weit über die Kreisgrenzen hinaus erweitert. In
solch einem Rahmen erlebten die kreativen Köpfe am vergangenen
Dienstag Abend wieder geistvolle Reisen, die sie diesmal nach
Italien, Frankreich und Australien führten.
Eislingen. Gleich
mehrere Schwerpunktthemen hatten sich die Teilnehmer des mittlerweile
schon 19. kreisweit agierenden KulturFreienTreffs (KFT) am vergangenen
Dienstag Abend vorgenommen. Da war das urige Ambiente des Eislinger
Musiklokals „Adler“ mit den italienischen Spezialitäten
der Familie D’Onofrio genau richtig. Und gleichzeitig der
erste Schritt in internationales Flair. Der zweite ging in Richtung
Frankreich. Das von dem Multitalent Wolfgang Klein initiierte
Projekt „Europa? – Wir! Künstler schlagen Brücken“,
in dessen Rahmen nach und nach die Partnerschaften der hiesigen
Städte und Gemeinden auf kultureller Ebene intensiviert
werden sollen, plant eine erste Ausstellung in Pessac in Südwest-Frankreich.
Schon seit 35 Jahren besteht die Freundschaft zwischen Göppingen
und der nahe bei Bordeaux gelegenen Kommune. „Am 25. März
dieses Jahres wird es genau 50 Jahre her sein, dass die Römischen
Verträge unterzeichnet wurden. Dies war die Geburtsstunde
der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft EWG. Seither sind
die Verbindungen enger geworden. Viel älter jedoch ist der
Austausch von Kulturgütern aus Kunst und Wissenschaft. Diese
Tradition möchten wir wieder aufleben lassen“, so
die Intension der verantwortlichen KFT-Projektgruppe.
Die Umsetzung läuft derzeit auf Hochtouren: Bis spätestens
zum 28. Februar können sich Künstler aus dem Landkreis
mit zwei Werken zum Thema „Brücken“ um eine
Teilnahme bewerben. In einer „Vor-Ausstellung“, die
vom 10. bis 24. Mai stattfindet, werden die Arbeiten ausgewählt,
die dann voraussichtlich vom 21. September bis 20. Oktober im
Rathaus in Pessac gezeigt werden. „Nähere Informationen
werden in den nächsten Tagen auf der Webseite www.kulturfreientreff.de
veröffentlicht“, erklärt Annette Dißlin
vom Organisationsteam.
Das zweite Top-Thema des Abends: Die unmittelbar
bevorstehende Ausstellung der australischen Künstlerin Marianne
Midelburg in der Rechberghäuser „Kulturmühle“.
Sie beginnt mit einer Vernissage am 19. Januar um 19.30 Uhr,
begleitet
von Didgeridoo-Klängen durch den Ottenbacher Musiker und
Maler Bernd Semmler. Die Exponate können dann noch an den
beiden darauffolgenden Wochenenden jeweils zwischen 14 und 18
Uhr besichtigt werden. „Eine einmalige, ganz außergewöhnliche
Sache“, freut sich Vorstandsmitglied Roswitha
Walenczyk.
Doch trotz dieser weiten Reisen im Geiste,
verloren die Freiberufler aus dem Kunst-, Kultur- und Medienbereich
nicht
den Blick für
die Schwierigkeiten auf der Kreisebene: Ein Artikel
des Journalisten Rüdiger Gramsch Anfang Januar entfachte erneut eine Diskussion
um die Schwächen des Wirtschaftsstandorts „Stauferkreis“. „Eigentlich
hätte man schon nach der ersten Studie, die dem Landkreis
nur eine geringe Zukunftsfähigkeit prophezeite, reagieren
müssen. Aber Göppingen hat zum Aufwachen ganze drei
Analysen gebraucht. Diese Langsamkeit ist eines der Grundprobleme
hier“, fassten die KFTler zusammen. Zwar soll es inzwischen Überlegungen
geben, wie eine rasche Entwicklung zu einer wettbewerbsfähigen
Region erreicht werden könnte. Doch auch hier zeigt sich
die Runde eher skeptisch „Mit den stets gleichen Entscheidungsträgern
fehlen den Entschlüssen auch weiterhin Fantasie und der
Mut, neue Wege zu beschreiten. Ein Wirtschaftsraum ohne lebendiges
kulturelles Leben verliert unweigerlich jede Qualität. Dringend
nötig wäre: Kreativität. Die ist im Kreis ja durchaus
vorhanden, aber eben außerhalb der etablierten hierarchischen
Strukturen. Das Vorhaben, Marketing ohne Impulsgeber aus dem
Kreis der Selbständigen betreiben zu wollen, greift zu kurz.“,
so die Einschätzung beim KulturFreienTreff.
Dass und wie es auch anders laufen kann, zeigen zwei Beispiele,
die die KFT-Initiatorin Adriana Rossi kurz vorstellte: „In
der italienischen Stadt Bozen sowie
deren Umland hatte man vor
zehn Jahren ähnliche Probleme wie wir. Doch dort nahmen
sich die jüngeren Geschäftsleute und Dienstleister
der Sache an. Sie waren die treibende Kraft. Und nicht die Verwaltungen.“ Ein
anderes erfolgreiches Modell auf der Basis einer Symbiose, ist
der Düsseldorfer „KulturOFEN
NRW“. Er wird als
einzige deutsche Einrichtung im Bereich Kunst, Kultur, Bildung,
Professionalisierung und Entwicklung beispielhaft vorgestellt
im Compendium der Pôle Universitaire Européen de
Lorraine – einer Studie, die im Auftrag der EU-Kommission
in Brüssel 2005 erstellt wurde. „Wir sehen einmal
mehr bestätigt, dass unsere Konzeptarbeit multiplikatorisch
ausstrahlt und der richtige Weg für die Zukunft ist“,
so der zuständige Koordinator, Gerhard Krausekrause.
Zum Abschluss hielt Rossi noch ein ganz anderes
Bonbon bereit: Wie sie berichtete, habe der Schauspieler Martin
Semmelrogge,
der in Boll-Eckwälden geboren ist und einen großen
Teil seiner Kindheit im Raum Göppingen verbrachte, äußerst
positiv auf den kreisumfassenden „Kultur-Almanach“ reagiert. „Da
wurden Erinnerungen wach“, so der Mime, und beschloss kurzerhand,
im Rahmen seiner derzeitigen Lesereise auch einen Abstecher in
seine frühere Heimat zu unternehmen. Rossi vermittelte daraufhin
einen öffentlichen Auftritt des Wahl-Mallociners an der
Seite der Journalistin und Moderatorin Dr.
Marlis Prinzing auf
dem „Roten Sofa“. Die Veranstaltung findet am 21.
Februar ab 20 Uhr im Geislinger Kulturzentrum „Rätsche“ im
ehemaligen Schlachthof statt.
Wer mehr zu den kreativen Treffen und den laufenden
Arbeiten des KFT erfahren möchte: Im Internet ist alles unter der
Adresse www.kulturfreientreff.de einsehbar. Die nächste
Zusammenkunft ist für den 6. Februar um 19.30 Uhr geplant.
Der Ort wird noch bekannt gegeben. (ar; ca. 6.000 Anschläge)
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