Mittwoch, 06. September 2006
 
 
 
 
 
 
 
 
 

15. Treff

Nach guter alter Druckmanier

Diesmal konnten die Teilnehmer des jüngsten KulturFreienTreffs sehen, wie mit einer handbetriebenen Druckpresse Bleisatztexte und Holzschnitte zu Werken der Buchkunst werden. Annette Dißlin hatte nämlich in ihr Atelier „bleiklötzle“ geladen. Jedoch war dies nur ein Schwerpunkt des Abends: Nach der Führung durch die Werkstatt und den Wechsel in eine andere Lokalität wurde noch das weitere Procedere laufender Projekte besprochen.

Wäschenbeuren. Es herrscht ein nostalgisches Flair in dem Atelier von Annette Dißlin in Wäschenbeuren (www.bleikloetzle.de). An den Wänden hängen gerahmte Texte in verschiedenen Schriftstilen sowie Originaldruckgraphiken mit den unterschiedlichsten Motiven. Eine handbetriebene Andruckpresse, Baujahr 1956, drei kleine Handtiegel und weit über 500 Schriftkästen in 20 Setzregalen mit fast 60 historischen Bleischriften zeugen von der ehemals mühseligen Arbeit der Drucker. Vor acht Jahren hat sich „Frau Bleiklötzle“, wie sie wegen ihres Firmennamens von etlichen Kunden scherzhaft genannt wird, dem künstlerischen Einsatz des Buchdruckes verschrieben. So präsentierte sie ihr Wirken den Teilnehmern des jüngsten, kreisweit agierenden KulturFreienTreffs (KFT) am vergangenen Dienstag Abend, die dabei gleich noch Fachbegriffe wie „Gautschen“ und „Stehsatz“ lernten. Tradition und Kunst – eine Leidenschaft aus jungen Jahren, die die diplomierte Naturwissenschaftlerin doch noch zum Beruf machen konnte. Sie liebt die beschauliche Atmosphäre, in der sie beispielsweise Illustrationen für Bücher vorbereitet, Bilder spiegelverkehrt als Vorlagen in Holz schnitzt, die Platten einfärbt und so aus einem Bogen Büttenpapier einen Originaldruck macht. Fast scheint es, als schwebe Gutenbergs Geist in den Räumlichkeiten.

„Mein erstes großes Werk war eine Gute-Nacht-Geschichte mit dem Titel ,Der kleine Niak’. Vom Umfang her nicht sehr groß. Aber von dem Moment an, in der ich die Geschichte geschrieben habe, über den Druck des Textes und der Illustrationen bis hin zur Fertigstellung mit einem Einband aus afrikanischen Handbatikstoffen habe ich ein Jahr gebraucht. Alles hundertprozentige Handarbeit.“ Wobei sich Dißlin in der Zeit nicht ausschließlich mit dem im Jahre 2001 auf der „Minipressen-Messe“ in Mainz erstmals präsentierten Büchlein befasste. „Zu der alten Druckpresse gab es ja keine Bedienungsanleitung. Also musste ich erst mühselig herausfinden, wie sie optimal funktioniert.“ Die Presse arbeitet auf ein Hundertstel Millimeter genau, deshalb zeigen sich Unebenheiten bei Papier oder Druckstock sofort im Druckbild. „In den vergangenen Jahren lösten zahlreiche Betriebe ihren Bleisatzbestand auf, den sie mir dann anboten. Da galt es, zudem nebenbei Tausende von Lettern zu sortieren. Ich bin damit immer noch nicht ganz fertig.“

Auch Ausstellungen mit Dißlins Werken können zwischenzeitlich besichtigt werden. Die bislang weiteste Reise unternahm ihr auf fünf Exemplare limitiertes Doppel-Leporello mit dem Titel „Menschen-Würde-Rechte“, das bis Mai im Rahmen der zweiten Buchkunst-Biennale in der neuen Bibliothek der ägyptischen Stadt Alexandria gezeigt wurde. Ansonsten präsentiert die Künstlerin die Ergebnisse ihres kreativen Schaffens, zum Beispiel, auch auf diversen Kunsthandwerkermärkten.

„Ich habe schon immer gerne mit meinen Händen gearbeitet“, so Dißlin, die zuvor als Texterin und Fachjournalistin tätig war und bereits über langjährige Erfahrungen in Sachen Layout- und Stilmittel verfügte. Die Buchkunst ist vielfältig und jedes Projekt wird aufwändig manuell gefertigt. Da braucht es sehr viel Zeit, bis eine Anzahl von Werken fertig ist, die dann die Bandbreite und das Können der Künstlerin zeigen. Ebenfalls in dem Atelier zu sehen – „everybody's darling“: Jedem Besucher fällt der schwarze Fuchs mit den glühend-roten Augen sofort auf. „Diesen Holzschnitt habe ich für eine Illustration zu einem englischen Folk-Song angefertigt.“ Auch die zum Teil mehrfarbigen Drucke zum Roman „Lushins Verteidigung“ von Vladimir Nabokov in Zusammenarbeit mit dem Rowohlt-Verlag hängen hier.

Eine gute Gelegenheit, sich einen Einblick in Dißlins Schaffen zu verschaffen, bietet eine Vernissage am kommenden Freitag in der Kulturmühle Rechberghausen ab 19.30 Uhr.
Wer bei seinem Besuch in dem Atelier ausreichend Zeit mitbringt, erhält auf Wunsch zudem eine Tasse frischen Tees direkt aus dem Samowar. Ein Angebot, das auch bei einigen KFTlern Zuspruch fand, bevor sich die Gruppe für den zweiten Teil des Abends in einem Restaurant in Rechberghausen wiederfand. Hier wurden dann die laufenden Projekte – darunter die Erstellung eines Portfolios sowie die Teilnahme an der regionalen Tourismusmesse im Februar nächsten Jahres – diskutiert.

Mehr zu den Meetings und den laufenden Arbeiten des KFT: Im Internet ist alles unter der Adresse www.kulturfreientreff.de einsehbar. Die nächste Zusammenkunft findet wegen des „Tags der deutschen Einheit“ ausnahmsweise an einem Mittwoch statt. So treffen sich die Teilnehmer dann am 4. Oktober um 19.30 Uhr im Restaurant „Zum Löwen“ in Reichenbach i.T. (ar; ca. 5.000 Anschläge)


 

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Themenleitfaden 06.09.2006
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LOCATIONS

Buchdruckatelier bleiklötzle
Annette C. Dißlin
Im Gewerbegebiet 10
73116 Wäschenbeuren
Tel.: 07172-305858
E-Mail:
gruss-an-kunst@bleikloetzle.de
Internet:
www.bleikloetzle.de

Grüner Baum
Lorcher Str. 51
73098 Rechberghausen
Tel.: 07161-5462