15.
Treff
Nach guter alter Druckmanier
Diesmal konnten die
Teilnehmer des jüngsten KulturFreienTreffs sehen, wie mit einer handbetriebenen
Druckpresse Bleisatztexte und Holzschnitte zu Werken der Buchkunst
werden. Annette Dißlin hatte nämlich in ihr Atelier „bleiklötzle“ geladen.
Jedoch war dies nur ein Schwerpunkt des Abends: Nach der Führung
durch die Werkstatt und den Wechsel in eine andere Lokalität
wurde noch das weitere Procedere laufender Projekte besprochen.
Wäschenbeuren. Es herrscht
ein nostalgisches Flair in dem Atelier von Annette Dißlin
in Wäschenbeuren (www.bleikloetzle.de). An den Wänden
hängen gerahmte Texte in verschiedenen Schriftstilen sowie
Originaldruckgraphiken mit den unterschiedlichsten Motiven. Eine
handbetriebene Andruckpresse, Baujahr 1956, drei kleine Handtiegel
und weit über 500 Schriftkästen in 20 Setzregalen mit
fast 60 historischen Bleischriften zeugen von der ehemals mühseligen
Arbeit der Drucker. Vor acht Jahren hat sich „Frau Bleiklötzle“,
wie sie wegen ihres Firmennamens von etlichen Kunden scherzhaft
genannt wird, dem künstlerischen Einsatz des Buchdruckes
verschrieben. So präsentierte sie ihr Wirken den Teilnehmern
des jüngsten, kreisweit agierenden KulturFreienTreffs (KFT)
am vergangenen Dienstag Abend, die dabei gleich noch Fachbegriffe
wie „Gautschen“ und „Stehsatz“ lernten.
Tradition und Kunst – eine Leidenschaft aus jungen Jahren,
die die diplomierte Naturwissenschaftlerin doch noch zum Beruf
machen konnte. Sie liebt die beschauliche Atmosphäre, in
der sie beispielsweise Illustrationen für Bücher vorbereitet,
Bilder spiegelverkehrt als Vorlagen in Holz schnitzt, die Platten
einfärbt und so aus einem Bogen Büttenpapier einen
Originaldruck macht. Fast scheint es, als schwebe Gutenbergs
Geist in den Räumlichkeiten.
„Mein erstes großes Werk war eine Gute-Nacht-Geschichte
mit dem Titel ,Der kleine Niak’. Vom Umfang her nicht sehr
groß. Aber von dem Moment an, in der ich die Geschichte
geschrieben habe, über den Druck des Textes und der Illustrationen
bis hin zur Fertigstellung mit einem Einband aus afrikanischen
Handbatikstoffen habe ich ein Jahr gebraucht. Alles hundertprozentige
Handarbeit.“ Wobei sich Dißlin in der Zeit nicht
ausschließlich mit dem im Jahre 2001 auf der „Minipressen-Messe“ in
Mainz erstmals präsentierten Büchlein befasste. „Zu
der alten Druckpresse gab es ja keine Bedienungsanleitung. Also
musste ich erst mühselig herausfinden, wie sie optimal funktioniert.“ Die
Presse arbeitet auf ein Hundertstel Millimeter genau, deshalb
zeigen sich Unebenheiten bei Papier oder Druckstock sofort im
Druckbild. „In den vergangenen Jahren lösten zahlreiche
Betriebe ihren Bleisatzbestand auf, den sie mir dann anboten.
Da galt es, zudem nebenbei Tausende von Lettern zu sortieren.
Ich bin damit immer noch nicht ganz fertig.“
Auch Ausstellungen mit Dißlins Werken können zwischenzeitlich
besichtigt werden. Die bislang weiteste Reise unternahm ihr auf
fünf Exemplare limitiertes Doppel-Leporello mit dem Titel „Menschen-Würde-Rechte“,
das bis Mai im Rahmen der zweiten Buchkunst-Biennale in der neuen
Bibliothek der ägyptischen Stadt Alexandria gezeigt wurde.
Ansonsten präsentiert die Künstlerin die Ergebnisse
ihres kreativen Schaffens, zum Beispiel, auch auf diversen Kunsthandwerkermärkten.
„Ich habe schon immer gerne mit meinen Händen gearbeitet“,
so Dißlin, die zuvor als Texterin und Fachjournalistin
tätig war und bereits über langjährige Erfahrungen
in Sachen Layout- und Stilmittel verfügte. Die Buchkunst
ist vielfältig und jedes Projekt wird aufwändig manuell
gefertigt. Da braucht es sehr viel Zeit, bis eine Anzahl von
Werken fertig ist, die dann die Bandbreite und das Können
der Künstlerin zeigen. Ebenfalls in dem Atelier zu sehen – „everybody's
darling“: Jedem Besucher fällt der schwarze Fuchs
mit den glühend-roten Augen sofort auf. „Diesen Holzschnitt
habe ich für eine Illustration zu einem englischen Folk-Song
angefertigt.“ Auch die zum Teil mehrfarbigen Drucke zum
Roman „Lushins Verteidigung“ von Vladimir Nabokov
in Zusammenarbeit mit dem Rowohlt-Verlag hängen hier.
Eine gute Gelegenheit, sich einen Einblick in Dißlins Schaffen
zu verschaffen, bietet eine Vernissage am kommenden Freitag in
der Kulturmühle Rechberghausen ab 19.30 Uhr.
Wer bei seinem Besuch in dem Atelier ausreichend Zeit mitbringt,
erhält auf Wunsch zudem eine Tasse frischen Tees direkt
aus dem Samowar. Ein Angebot, das auch bei einigen KFTlern Zuspruch
fand, bevor sich die Gruppe für den zweiten Teil des Abends
in einem Restaurant in Rechberghausen wiederfand. Hier wurden
dann die laufenden Projekte – darunter die Erstellung eines
Portfolios sowie die Teilnahme an der regionalen Tourismusmesse
im Februar nächsten Jahres – diskutiert.
Mehr zu den Meetings und den laufenden Arbeiten des KFT: Im Internet
ist alles unter der Adresse www.kulturfreientreff.de einsehbar.
Die nächste Zusammenkunft findet wegen des „Tags der
deutschen Einheit“ ausnahmsweise an einem Mittwoch statt.
So treffen sich die Teilnehmer dann am 4. Oktober um 19.30 Uhr
im Restaurant „Zum Löwen“ in Reichenbach i.T. (ar; ca. 5.000 Anschläge)
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